Wie der Verein wurde was er ist

Gedanken zum 25-jährigen Vereinsjubiläum

von Karl Kleinen

Im Mai 1982 saßen einige Köln-Bonner Eisenbahner irgendwo in irgendeiner Kneipe beim Bier. Sie unterhielten sich lebhaft über dies und das und selbstverständlich über die Eisenbahnen im Allgemeinen und die Köln-Bonner Eisenbahnen im Besonderen. Plötzlich hatte einer von ihnen ausgesprochen, was seinen Gesprächsteilnehmern auch schon auf der Zunge lag. Spontan waren alle dafür, einen Club zu gründen, der die Fahne ihrer so sehr geschätzten Eisenbahn hoch halten solle. Es sei doch allzu bedauerlich, so meinten sie übereinstimmend, wenn man mit ansehen müsse, wie diese einstmals so stolze und bedeutende Köln-Bonner-Eisenbahn, die auf nicht wenigen Ebenen Eisenbahngeschichte geschrieben hatte, sozusagen am Hungertuch nage, vergebens auf Hilfe „von oben“ hoffe und ihrem Ende entgegensehen müsse.

Nun ja! – Wie aber gründet man einen Verein, der, wie man meinte, ein recht hohes Niveau bekommen solle? Zum Glück wusste einer unter ihnen ganz genau, wie man so etwas macht, denn er hatte schon einige Clubs und Vereine im Wesselinger Raum „aus der Taufe gehoben“. Dieser KBE-Mensch, nennen wir ihn einfach ´Jean´, nahm sich kurzerhand einen Bierdeckel, schrieb darauf kurz und knapp das, was ihm und seinen Freunden in den Sinn gekommen war, und alle setzten ihren Namen darunter. War damit der gewünschte Club gegründet? – Er war es!

Die verrückt gewordenen Köln-Bonner Eisenbahner fuhren nach Hause. Im Gepäck, der zur Urkunde gewordene Bierdeckel, auf dem auch schon der Name des eben erst in einer Bierlaune gegründeten Clubs vermerkt war:

„Club der Eisenbahn-Freunde – CEF-KBE“

Nun begann die Kleinarbeit. Zweck und Ziel des Clubs mussten definiert werden. Dazu brauchte er eine Verfassung, ein Statut, mit anderen Worten eine Satzung, in der unter anderem die Organisationsform des Clubs definiert ist. Die Protagonisten wählten einen Vorstand und unseren Jean zum Clubvorsitzenden, der sich anfangs „Präsident“ nennen sollte. Seine Stellvertreter aber wollten keine „Vizepräsidenten“ sein, und so kam, Gott sei Dank, die Bezeichnung „Verein“ statt Club und „Vorsitzender“ statt Präsident ins Protokoll.

Den Vereinsgründern, besonders dem Hauptinitiator Jean, war es ein ernsthaftes Bestreben, Historisches aus dem Bereich der Köln-Bonner Eisenbahnen zu sammeln und der Nachwelt zu erhalten. Schon sehr früh begannen er und einige Enthusiasten ausgesuchte, überzählig vorhandene Sammelstücke als „Railshop-Artikel“ zu verkaufen und legten damit einen Grundstock für die noch recht schlanke Vereinskasse an. Dabei muss erwähnt werden, dass der überwiegende Anteil dieser Artikel aus Jeans Privatsammlung stammte.

Die Formulierung einer Satzung war keine leichte Geburt. Vorlagen anderer Vereine waren zwar ein wenig hilfreich, aber fürs eigene Profil mussten eigene Gedanken zu Papier gebracht werden. Und auch das gelang. Nach mehreren offiziellen „Lesungen“ war das Werk vollbracht, die Organisationsform gefunden. Die Aufgaben des Vorstands und die der übrigen Vereinsorgane wie Jahreshauptversammlung bzw. Mitgliederversammlung u.a. wurden festgelegt. Für die verzweigte Vorstandsarbeit wurden Bereichsleiter gewählt und ein „Geschäftsverteilungsplan“ erstellt.
Der Verein, der sehr bald seinen Namen in

„Köln-Bonner Eisenbahn-Freunde – KBEF“

geändert hatte, begann zu leben. Die Mitgliederzahl wuchs, doch diese „Interessengemeinschaft“ konnte, wie gewollt und in der Satzung festgeschrieben, nur aktive bzw. ehemalige KBE-Mitarbeiter in seine Reihen nehmen. Da aber auch andere an der KBE interessierte Eisenbahnfreunde in den Verein drängten, wurde die Satzung dahingehend geändert, dass auch Nicht-KBE-Mitarbeiter, so genannte „Zivilisten“ und – man höre und staune – sogar Frauen den Weg in den Verein finden konnten.

Heute zählt der Verein 99 Mitglieder, alles Köln-Bonner Eisenbahnfreundinnen und -freunde aus Nah und Fern. Ein erfreulich starker Mitgliederverein. Da gibt es beispielsweise aktive und inaktive (passive) Mitglieder sowie Förderkreis- und Ehrenmitglieder. In einem Gesangverein bezeichnet man als aktive Mitglieder diejenigen, die singen. Die Nichtsänger, die den Verein sachlich, fachlich oder finanziell unterstützen sind inaktive, passive Mitglieder. Überträgt man dieses Muster auf den KBEF, so sind die Mitglieder des unermüdlich arbeitenden Vorstands aktive Vereinsmitglieder wie auch diejenigen, die sich wann und wo immer sie es tun mögen, mit ihrer Hände Arbeit oder mit dem Schmalz ihres Gehirns für den Verein nützlich machen. Die übrigen Freundinnen und Freunde sind sehr geschätzte Inaktive.

Mit der Erfüllung der sich selbst gestellten, in der Satzung festgeschriebenen Aufgaben hatte es anfangs doch einige Mühen. In Verhandlungen mit dem KBE-Vorstand erhielt der Verein die Möglichkeit im ehemaligen Wesselinger Bahnhofsgebäude bestimmte Räumlichkeiten zu nutzen. Es entstand das vorerst mit etwa 150 Exponaten bestückte KBEF-Museum, übrigens das erste und bisher wohl einzige Museum innerhalb der Stadt Wesseling. Ein inzwischen angesammelter ansehnlicher Bestand an Eisenbahnfahrzeugen fand im Bereich des KBE-Bahnhofs Brühl-Vochem ein Zuhause. Als Parade-Museumsstück dieses Fahrzeugparks gilt der von der KBE übernommene elektrische Triebwagen ET 201, der Prototyp der in der Fachwelt vielbeachteten KBE-„Silberpfeil-Flotte“, landläufig auch „Silberlinge“ genannt. Mit diesem „Star auf Schienen“ unternahmen die Köln-Bonner Eisenbahn-Freunde mit fahrberechtigtem Vereinspersonal erste in Vereinsregie organisierte Fahrten über bestimmte Streckenabschnitte im KBE-Bereich. Seine Betriebserlaubnis endete nach Ablauf der Hauptuntersuchungsfrist im September 1990. Als Ergebnis einer Verhandlung mit dem KBE-Vorstand konnte der Verein das ehemalige Prestige-Fahrzeug für 3000,-DM in Besitz nehmen, um es der Nachwelt zu erhalten.

Im Laufe des Jahres 1989 bot sich dem Verein die Möglichkeit im österreichischen Montafon einen dort stillgelegten Schienenomnibus vom Typ VT 95 erwerben zu können. Eine kleine KBEF-Delegation von Experten begab sich (auf eigene Kosten) nach Schruns, besichtigten und begutachteten das Fahrzeug und ließen die Absicht erkennen, selbiges käuflich erwerben zu wollen. Der Wunsch wurde Wirklichkeit. Aus betrieblichen Gründen bei der Montafonerbahn verzögerte sich die Übernahme.

Als es endlich so weit war, bereitete die Übergabefahrt den damit befassten Vorstandsmitgliedern eine Menge Kopfschmerzen. Sie hatten die Wahl zwischen verschiedenen Transportmöglichkeiten zwischen Schruns und Wesseling: a) Fahrt auf eigenen Rädern mit eigener Kraft, b) Fahrt auf eigenen Rädern im Schlepp einer Lok, c) Fahrt in der Formation von Güterzügen. Dies alles aber bereitete fast unüberwindbare technische, vor allem aber finanzielle Probleme. Bis schließlich ein kluger Kopf auf die Idee kam und meinte, man solle den Schienenbus doch einfach aus dem österreichischen Montafon über die bundesdeutschen Autobahnen nach Wesseling holen. Und so geschah es.

Im Februar 1990 trafen die Fahrzeuge in Wesseling ein und wurden in der dortigen Ladestraße vom Straßentransporter übernommen und auf die Schiene gesetzt.

Plötzlich war der KBEF Besitzer einer Schienenbus-Einheit, bestehend aus Trieb- und Steuerwagen. Die Begeisterung in den Reihen der Vereinsmitglieder war groß. „Der Montafoner“, wie diese Oldtimer-Garnitur bald genannt wurde, brachte Arbeit, denn er sollte möglichst schnell wieder „auf die Beine“ kommen. Dazu waren die Durchführung einer Hauptuntersuchung und die anschließende amtlich zu erteilende Betriebserlaubnis erforderlich. Auch dafür hatte der Verein engagierte Fachkräfte in seinen Reihen. Mit ihrem Einsatz und willkommener Hilfe von außen gelang das „Kunststück“: Der „Montafoner“ wurde im November 1990 mit der KBEF-Betriebsnummer VT 11 in einem kleinen „Festakt“ am Bahnsteig 3 des Bahnhofs Wesseling durch den Wesselinger Bürgermeister Alfons Müller und weiteren Ehrengästen in Betrieb genommen. Wenig später, Anfang Dezember desselben Jahres, lud der Verein die Wesselinger Bevölkerung zur ersten „Nikolausfahrt“ ein. Die Begeisterung bei den Menschen, insbesondere bei den Kindern war groß. Mit den Jahren wurden diese zusätzlich auch im Frechener Raum jährlich durchgeführten Fahrten fast zur Tradition.

Im Oktober 1996 übernahm der Verein von den „Eisenbahnfreunden Jülich“ gegen einen nicht gerade geringen Preis zwei Uerdinger Schienenbus-Triebwagen und einen Beiwagen, ebenfalls vom Typ VT 95. Nach deren erforderlichen Aufarbeitung, Untersuchung und Zulassung verfügte der Verein nunmehr über eine ansehnliche Schienenomnibus-Flotte, mit der er auch über die Grenzen des Mutterunternehmens KBE (ab Januar 1992 HGK) hinaus wollte. Im Eisenbahn-Betriebsdienst ausgebildete und geprüfte Vereinsmitglieder waren dazu bereit und stellten sich zur Verfügung. Schließlich, nach Beseitigung einer Vielzahl von amtlichen und nichtamtlichen Stolpersteinen kam der KBEF-Eisenbahnbetrieb in Gang. Über die bisher durchgeführten Sonder- und Gesellschaftsfahrten durch die heimatliche Region, durch die Eifel bis an die Landesgrenze, ins Siegerland, nach Bochum und anderswo ist an anderer Stelle ausführlich berichtet worden.

Selbstverständlich war es notwendig, die Fahrzeuge den einschlägigen Vorschriften gemäß betriebssicher und betriebstüchtig zu erhalten. Dafür war und ist eine kleine, im Fachbereich „Fahrzeugtechnik“ ehrenamtlich tätige Mannschaft von fachlich vor- und ausgebildeten Vereinsmitgliedern zuständig, die allerdings froh wäre, wenn sich die Zahl ihrer Mitstreiter erhöhen würde, denn die vielfältige und interessante Arbeit wächst ihnen fast über den Kopf.

Der Fachbereich „Fahrbetrieb“ der mit seinen Gesellschaftsfahrten das Vereinsleben auch nach außen hin sichtbar macht, ist eines der Vorzeigebereiche des Vereins. Darüber sollten aber andere Bereiche nicht vergessen werden. Auch das Vereinsmuseum ist ein vorzeigbares Aushängeschild. Nach dem Umzug aus den Räumen im ehemaligen KBE-Bahnhofsgebäude Wesseling, wo das Vereinsmuseum mit KVB-Sonderfahrten eines Kölner Veranstalters regelmäßig besucht wurden, ins jetzige Domizil beim HGK-Festsaal (früherer Bahnmeisterei-Bereich) konnte das Image erheblich verbessert werden.

Regelmäßige Öffnungszeiten und vereinbarte Besuche erfordern einen personellen Einsatz, der selbstverständlich geleistet wird. Ein KBEF-Markenzeichen ist der jährlich wiederkehrende „Wesselinger Eisenbahnmarkt“ einschließlich innerbetrieblicher Schienenbusfahrten, der unter dem besonderen Einsatz des Vorsitzenden und seinem eingespielten „Stammpersonal“ bisher stets erfolgreich abgewickelt werden konnte.

Nicht vergessen werden sollen die umfangreichen, zur Geschäftsführung zählenden Verwaltungsarbeiten, die sozusagen proportional mit den zunehmenden Vereinsaktivitäten wachsen und vom Vorstand wahrgenommen werden. Schon 1989 beschloss der Kulturausschuss der Stadt Wesseling, dank der Überzeugungsarbeit des KBEF-Vorsitzenden, der für viele Jahre Mitglied dieses städtischen Ausschusses gewesen war, dem Verein die Förderungswürdigkeit. Damit konnten Spenden an den Verein für einen bestimmten Zweck steuerlich abgesetzt werden und der Verein die Kürzel „e.V.“ in seinen Namen aufnehmen. Die Mitgliedschaft im „Bund Deutscher Eisenbahn-Freunde“ (BDEF) und im „Verein Deutscher Museums- und Touristik-Eisenbahnen“ (VDMT) und die Wahrnehmung damit entstehender Termine, der Abschluss von Versicherungen der verschiedensten Arten (Personen- und Sachschäden, Diebstahl u.a.), der stetige „Kampf“ mit dem Finanzamt und anderen Behörden und, und, und …! – Und nicht zuletzt die Jahresabschlussfeier mit dem Jahresbericht des Vorsitzenden und einem gemütlichen Beisammensein mit Festprogramm und Abendessen. Das alles wird von KBEF-„Verrückten“ präzise und geräuschlos geleistet, wie auch die zwanglosen monatlichen Mitgliedertreffs, wo neben Informationen über die aktuelle Vorstandsarbeit ein allgemeiner, manchmal auch befruchtender Meinungsaustausch stattfindet.

Tja, und ganz zum Schluss soll der Vollständigkeit halber noch vom Silberpfeil die Rede sein. Als Vereinszeitschrift existiert sie seit Ende 1987 und hat bis zum heutigen Tag so manche Höhen und Tiefen erlebt. Als willkommenes und inzwischen geschätztes Bindeglied zwischen Vorstand und Mitgliedern erfüllt sie gleichzeitig nicht nur die Aufgaben eines Vereinsorgans, sie kommt auch dem in der Satzung formulierten Auftrag nach öffentlicher Darstellung nach. Zu Anfang wurde sie am Küchentisch von Hand gestrickt, mühsam, aber erfolgreich und zur Freude ihrer Leserinnen und Leser, was den „Machern“ gut tat und sie immer wieder zu neuen Taten animieren konnte. Mit fortschreitender Technisierung und verändertem Zeitgeist bekam auch die KBEF-Vereinszeitschrift ein moderneres Profil, und die Redaktion wechselte von einer Hand in die andere, was ihrem Ansehen mal gut, mal weniger gut tat. Diejenigen Vereinsmitglieder oder Abonnenten, die den Fortbestand unserer Zeitschrift unter einer neuen (alten) Redaktion wünschen, sollen nicht enttäuscht werden.

Unserer KBEF-Vereinszeitschrift, die übrigens seit 20 Jahren existiert, sollte das gleiche Schicksal wie das der „Schriftenreihe der Köln-Bonner Eisenbahn-Freunde e.V.“ erspart werden. Dieses im Jahre 1992 ins Leben gerufene Vorhaben, zu dem spontan 14 Beiträge angemeldet worden waren, ist leider sanft eingeschlafen. Lediglich zwei Hefte dieser Reihe sind erschienen, u. zw. Heft 1 – Werner Ludwig: „Historische Lokomotiv- und Fahrzeugliste der ehemaligen Köln-Bonner Eisenbahnen AG“ sowie Heft 2 – Karl Kleinen: „Unterm Wasserkran – Erinnerungen an die Dampflokzeit“.

Für die nächsten 25 Jahre wünsche ich dem KBEF e.V. in seinen neuen Vereinsräumen auch mit besonderem Blick auf die neu geschaffene Modellbau-Gruppe, in der vor allem junge Eisenbahnfreunde ihrem Hobby nachgehen können, weiteres erfolgreiches Wirken und Schaffen. In dieser vor uns liegenden Zeit werden manche aktive und passive KBEF´ler, Förderkreis- und Ehrenmitglieder gegangen, andere hinzugekommen sein. Neue Köpfe werden den Verein führen, die Schienenbusse sowie das Museum am Leben erhalten und satzungsgemäß dafür sorgen, dass in ihren Reihen und in der Öffentlichkeit die Erinnerung an die einstmals so stolze und weltweit bekannte Köln-Bonner Eisenbahnen erhalten bleibt.

 

Karl Kleinen

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